Warum die verpflichtende Beratung im Schwangerschaftskonflikt notwendig und hilfreich ist

Beratung stärkt die Entscheidungsautonomie der Frau

Das Bundesverfassungsgericht hat davon gesprochen, dass sich der Lebensschutz für den ungeborenen Menschen nur dann wirklich sichern lässt, wenn die Schwangere, die Mutter zur Verbündeten gewonnen wird. Psychosoziale Beratung sollte deshalb ganz zentral anstelle der bloßen Androhung von Strafe eingesetzt werden, um das eigentliche Ziel einer humanen Gestaltung von Schwangerschaft und Geburt zu erreichen. Achtung des Lebensrechtes des Kindes und der Selbstbestimmung der Frau sollen so miteinander vereinbart werden.

Gegenwärtig wird diskutiert, ob nicht besser der Verzicht auf eine strafrechtliche Verfolgung des Schwangerschaftsabbruches überhaupt genau diesen Gedanken erst richtig zur Geltung bringen könne. Erst wenn eine Frau im Schwangerschaftskonflikt nicht mehr dazu gezwungen wird, die Abtreibung als moralisches Unrecht und kriminelle Tat zu verstehen, könnte sie ihre innere Einstellung zum Kind vorur­teilslos und selbstbestimmt finden können.

Demgegenüber scheint es aber richtig, den Gedanken des Bundesverfassungsgerichts heute auch umzukehren: Die Würde der schwangeren Frau lässt sich schützen, wenn das Lebensrecht ihres Kindes ernst genommen wird. Nur wer das Ungeborene als schützenswert versteht, ist ehrlich im Blick auf den Ernst eines Schwangerschaftskonfliktes.

Es ist die Frau, die mit ihrer Erfahrung als Schwangere am unmittelbarsten intuitiv mit den ersten Lebensäußerungen des Ungeborenen verbunden ist. Die Schwangere erlebt die Umstellung ihres Körpers auf die Schwangerschaft. Von Anfang an erfährt die Frau mit den ersten Anzeichen, schwanger zu sein, dass ein neuer Mensch entsteht.

Sie spürt und weiß: Ich bekomme ein Kind. In diesem schlichten Satz drückt sich eine der tiefsten Erfahrungen aus, welche das freiheitliche Gesetz im Blick auf Lebensschutz und Integrität einer Person letztlich meint. Dass auch das schwächste Glied der Gesellschaft (das Kind) gleiche Berechtigung zum Dasein hat, den gleichen Status, die gleiche Würde.

Und so weiß die mütterliche Intuition spontan um das Gewicht der Entscheidung, die ansteht: für oder gegen das Kind! Und es geht darum, Schwangere nicht alleine zu lassen in dieser existenziellen und sozialen Herausforderung. Dieses Nicht-alleine-Lassen beginnt schon damit, dass das Gewicht der Ent­scheidungen für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch nicht verdrängt wird!

Verhüllende Sprache, vermeintliche Entlastungsstrategien helfen nicht. Sie untergraben die eigentliche Balance des Lebens, die realistische und gelingende Verarbeitung ihrer Konflikte. Erst eine solche sichert aber auch die Selbst­bestimmung und die Erfahrung der eigenen Würde der Frau, wie auch immer sie sich entscheidet!

Und so drückt der Satz, dass sich diese Würde heute nur mithilfe der Ernstname der Rechte des Unge­borenen schützen lässt, aus, was schon immer ein Problem ist, dass viele Frauen durch ihr Umfeld zum Schwangerschaftsabbruch gedrängt werden – durch den männlichen Partner, durch Eltern und Groß­eltern oder das primäre und sekundäre soziale Netz (Arbeitsverhältnisse), in dem sie stehen, – das könnte sich auf die Entkriminalisierung des Abbruches berufen: Es ist alles eine Frage von bloß prak­tischer Wahl der Lebensgestaltung.

Empfindungen wie Gefühle von Angst vor der Verantwortung, von Versagen und Schuld gegenüber einem nicht geborenen Kind, die tastende Suche nach dem wirklich eigenen Wollen – jenseits von Pragmatismus und auch der Frage, wie sich ein Kind wirklich ins Lebens integrieren ließe – wird dann vielleicht nicht mehr oder nur teilweise zugelassen.

Ist das tatsächlich menschlich? Befreit das die Frau? Oder führt es zu neuen Szenarien von Belastung und verdrängter Trauerarbeit,von offenem oder heimlichem Drängen in Richtung Abtreibung?

Es ist damit zu rechnen, dass der Druck auf die Entscheidungsautonomie der Schwangeren bei Wegfall der strafrechtlichen Qualifikation des Schwangerschaftsabbruches zunehmen wird! Die bisherige Situ­ation spricht eher dafür als dagegen.

Die Schwangerschaftskonfliktberatung aber wird von vielen Frauen als eine Hilfe erfahren, um sich unab­hängig über die eigene Einstellung in einer Frage, die ihr Leben im Augenblick und auch für die Zukunft so stark betrifft, klar zu werden. Ja, ohne die Verpflichtung, eine solche Beratung in Anspruch zu nehmen, wird es wohl schwerer, den Weg zu dieser Hilfe für die verantwortliche und selbstbestimmte Entscheidung zu finden – sei es, dass Unsicherheit und Angst daran hindern oder sei es, dass die Möglich­keit dazu überhaupt nicht wahrgenommen wird.

 

Josef Römelt: 07.02.2022

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